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…und Tschüss Onkel Jürgen

…und Tschüss Onkel Jürgen

Foto: Jürgen Drews war Häufig Gast in Vossis Musikdampferprogramm.

Zeltfeststimmung – So war das

– Erinnerungen zum Bühnen-Finale von Jürgen Drews

.Loide, Loide, Loide, …. Vossi mein Alter“ ruft er in sein Handy als ich ihn im Auto erwi-
sche. Später hat mir Jürgen Drews erzählt, warum er sich so gut an meinen Spruch erin-
nern kann. Jürgen war Stargast in meinem Musikdampferprogramm auf der „Nils Hol-
gersson“ gewesen. Er hatte mit Ramona eine der Kabinen direkt unter der Bar. „Ich
kämpfe da mit Ramona um ein neues Leben und höre dauernd Deinen blöden Schnack
Loide, Loide, Loide, Alter. Wäre es ein Junge geworden, hätten wir ihn Nils (nach Nils
Holgersson) genannt.“ Es wurde eine Tochter und sie heißt Jolina. Natürlich weiß ich
auch nicht, wie genau Onkel Jürgen nachgerechnet hat.

Auch ich erinnere mich gut an diese Musikdampfer-Party. Mein Stargast hatte es am An-
fang nicht leicht mit einem angetrunkenen Männerclub, der von vornherein sein Pro-
gramm stören wollte. Typisches Drews-Publikum: Damen, die ihn in der ersten Reihe
anhimmeln und junge Männer, die aus sicherer Entfernung ihre Sprüche klopfen. Drews
hat in solchen Sachen Routine und die Jungs schnell im Grifft. Am Schluss haben sie mit
den anderen“ Zugabe“ gerufen.

Seine (damals noch nicht) Frau Ramona steht während des Auftritts an der Bar, immer
ihren Jürgen im Blickfeld. Als ich merke, dass ein paar Herren eines Kegelclubs etwas
aufdringlich werden, stellte ich mich mit zwei Technikern bei ihr hin und fordere die Gä-
ste auf, ihre zotigen Sprüche zu unterlassen. Endlich sind die ruhig, da höre ich den
Schlagersänger durch das Mikrophon rufen: Ramona. beweg Deinen A … hier rüber.“
Der Kegelclub lacht und ich bestelle mir erst mal einen Wodka. Jürgen war mit dem Pro-
gramm zuende und Ramona sollte ihm seine neuen CD‘s zum Verkaufen auf die Bühne
bringen.

Jürgen kann man das nicht übelnehmen, wenn man ihn kennt. Er ist so, und wie er es
sagt, ist es auch nicht verletzend. Als ich mit meinem Programm-Finale beginnen will,
muss ich Jürgen Drews von der Bar holen, wo er Autogramme schreibt. Fast alle Gäste
drängeln sich um ihn herum und ich hätte kein Publikum an der Bühne gehabt. Jürgen
kommt sofort und setzt sich vor die Bühne. Er ist eben auch Kumpel.

Bei einem Auftritt auf der „Peter Pan“, dem Schwesterschiff der Nils Holgersson habe
ich im Animationsprogramm Gäste in Ringelbadeanzügen mit Trompeten und Pauken
als überraschungsband morgens auf die Bühne geschickt. Es war ein Heidenlärm, ein
Riesenspass und grosses Chaos. Auch dieses mal als Jürgen Drews mitten zwischen
den Gästen mit der Riesenpauke aufmarschiert. Er ist nur ein bißchen heftig und das
Trommelfell geht kaputt. Wir lachen heute noch darüber wenn wir uns sehen.

Das erste Mal traf ich auf Jürgen Drews in der Zeit seines Hits „Ein Bett im Kornfeld“.
Er war mein zweiter Stargast überhaupt, den ich ansagen durfte. Ich war Discjockey im
“Fürstenhof“ in Hamburg-Barmbek und wir hatten gerade eine Serie Stargastspiele „an-
gefangen. Vor Drews war Marianne Rosenberg in der Plüsch-Disco aufgetreten. Sie
war mein allererster Stargast. Sie hatte mir eingeschärft „Nicht mehr als zwei Zugaben“.
– Nun also Drews, der noch allein seine komplette Gesangsanlage mit sich herum-
schleppte. – Etwas von diesem Stil hat er sich erhalten. Er kommt immer ohne Roadie
(Geiz oder Misstrauen) und sein Programm ist fest auf einer MD oder CD inclusiv Pau-
sen als Halbplayback installiert. Devise für den Tontechniker: „Finger weg oder ich
hack‘ sie Dir ab.“

Nach zwei Zugaben sagte ich ihn im Fürstenhof ab, wie ich es von Marianne Rosenberg
kannte. Das gab Ärger und ich hatte meine erste Lektion im Umgang mit Stars erhalten.
Sie sind alle sehr verschieden. Heute lasse ich ihn singen bis er allein von der Bühne geht und gucke nochmal ob er nicht doch zurückkommt. – Allerdings geht Drews erst, wenn auch wirklich kein Gast mehr eine CD kaufen will. Er ist da gnadenlos. Böse Zun-
gen behaupten, er kaufe die Tonträger vorher in den Plattenläden und nicht bei seiner
Plattenfirma, wo er sie sicherlich viel billiger bekäme. Es soll sein Beitrag sein sein, sei-
ne Titel die Verkaufshitparaden zu hieven. – Aber das ist nur ein Gerücht. Außerdem
wäre es nicht neu und würde nur eine alte Tradition fortsetzen. Zu Dieter Thomas Hecks
Zeiten vor „Ted“ haben fast alle Schlagersänger über ihre Fan Clubs mit Postkarten“ en
Masse“ die Hitparaden getürkt.

Ein anderes Mal, kurz nach der Wende, hatte ich den Schlagerstar für ein Programm
zum Hafenfest in Stralsund engagiert. Ich war ein bißchen genervt von dem Stress der
vorangegangenen Tage. Jürgen war im Nachmittagsprogramm dran. Vor der Bühne: Fa-
milien mit Kindern. Als drittes Lied singt er .Antta zieh die Strapse an“. Ich sterbe fast vor
Peinlichkeit und gehe mit meiner Frau Anne auf der Mohle spazieren. Aber die Anlage
ist groß dimensioniert und wir können ihm nicht entkommen .. Als Jürgen beim Auftritt
seine CD‘s verkauft, singt er zum Playback einer seiner Hits „Onkel Jürgen hat kein
Wechselgeld.“ – Damals dachte ich noch, eine Steigerung sei nicht mehr möglich. Der
etwas schwierige Veranstalter hat das alles zum Glück nicht mitbekommen. Auch nicht
den Trick des Sclagerstars zu versuchen von zwei Veranstaltern pro Tag je eine Hotel-
zimmerpauschale zu kassieren( Dieses System hat er heute perfektioniert). Als meine
Frau Anne, ein italienischer Manager und ich zum Essen vorausgingen, habe ich ihm ein falsches Lokal genannt. – Die Rache des kleinen Mannes.

In meinem Wahlheimatdorf Nahe holte ich ihn zu einem Zeltfest. Jürgen war nachmittags
beim „Tag des deutschen Schlagers“ in Bad Segeberg aufgetreten und hatte deshalb
und unserer alten Freundschaft wegen Sonderkonditionen mit mir vereinbart. So komme
ich mit nur 10-Mark Eintritt zurecht, wenn das Zelt voll wird.

Gegen 21 Uhr kommt mein Künstler: „Alter, ich muß gleich auftreten. Ich habe noch ei-
nen anderen Termin,“ so JÜrgen. Im Festzeit sind zu diesem Zeitpunkt gerade mal hun-
dert Leute. Als ich Jürgen erkläre, dass die Presse erst gegen 23 Uhr kommt, ist er dann
auch mit einem späteren Auftritt einverstanden. Bis dahin essen wir Fischbrötchen und
erzählen uns die alten Backstage-Geschichten über Wolfgang Petry, Costa Cordalis, all
die anderen und ganz viel über Jürgen Drews. Das Zelt war dann voll, die Gäste aller Al-
tersklassen gut drauf bis enthusiastisch. Der Auftritt dauerte wieder etwas lange … auch
wegen des CD-Verkaufs und weil ich mich immer noch nicht traue, ihn abzusagen.

Der Handy-Freak Drews (er lief schon damit herum. als sie noch so groß und so schwer
wie zwei Mauersteine waren) ist ein Schlager-Kultstar und gleichzeitig für viele Kollegen
ein echter Kumpel. Bei Live-Auftritten „ackert er wirklich und will auch den letzten Gast
überzeugen. Es macht mir Spaß, den „König von Mallorca“ zu treffen – Immer eine fröh-
liche Angelegenheit. Dabei habe ich ihn nie Alkohol trinken sehen. Er wirkt immer so, als
wäre ihm nichts peinlich und als täte er für Publicity alles. Der norddeutsche Schlager-
sänger hat erkannt, dass er nur eine Ware zu verkaufen hat, sich selbst. Das tut er fast
ohne Kompromisse. Seine Fernsehsendung „Strip“ ist kein Glanzpunkt in der Kultur-
landschaft. Er tritt in einer Fernsehsendung als Moderator auf wie als Sänger im Festzeit
oder im .Oberbayern“ auf Mallorca. Das funktioniert nicht. In den Wohnzimmern zuhause
fehlt die Partyatmosphäre. Dennoch, die Sendung hat ihm einen erneuten Gagenau-
ftrieb beschert. Gönnen wir es ihm. Es ist ihm sicherlich nicht immer gut gegangen seit
seinem Karriere-Beginn bei den Les Humphrey Singers. Ich glaube einfach, er will nie
wieder arm sein …

Cala Figuera I Mallorca – 4.10.2000
Vossi I Uwe Voss